Leseprobe

02.09.2021

Seite 197 - 200 in der Taschenbuch-Version des Romans

BLUE EYED BASTARD 

--- Folgen eines Sündenfalls ---

Babette kommt aufgewühlt heim.
Von der Arbeit?
Nein, vom Treffen mit einer alten Freundin.
Sie hatte das dringende Bedürfnis, sich mit einer außenstehenden Person zu beratschlagen.
Mit Marc konform-gehend, ist sie über die neue Situation um Paul herum nicht gerade erfreut.
Zu kurzfristig das ganze Theater.
Als Film wohl ein Garant für die "Goldene Himbeere"...?

Das Treffen mit der ehemaligen Kollegin hat sie nicht viel weiter gebracht, aber nett war es.
So nett, dass sie sich beim Frust-Shoppen wieder zu viel Dekokram hat aufschwatzen lassen.
Zudem kleben an ihr sämtliche Duftnoten der Saison; ihre langjährige Freundin arbeitet nicht umsonst in einer großen Parfümerie. Von den Freundschafts-Rabatten lässt Babette auch ihre männlichen Mitbewohner profitieren, die auf ein gepflegtes Erscheinungsbild Wert legen.
Eigentlich ein Glück für die hübsche Maskenbildnerin. Sie möchte nicht wissen, wie das Bad aussehen würde, wenn sie zwei primitivere Vertreter des männlichen Geschlechts in der Wohngemeinschaft ertragen müsste.
Oje, wer wird wohl Pauls Nachfolgemieter?
So einer ...?
Ein gar schauderlicher Gedanke.

Babette stellt ihr ganzes gekauftes Zeug ab, setzt sich hin und schleudert ihre Hochhackigen in einem hohen Bogen in die Ecke.
-Tongk-, -Tongk- 

Sie legt ihre müden Beine hoch. Kaum hat sie einen wohltuenden Entspannungs-Seufzer von sich gegeben, klingelt es unerwartet an der Tür.
Marc?
Paul?
Der hektische Paketbote?
Ein schmieriger Vertreter?
Oder zwei schnieke, junge Männer, in Schlips und Kragen gezwängt, rucksackbepackt, welche zu geduldig und viel zu dolorös dauerlächelnd vom Buch Mormon erzählen wollen?
Ohne Schuhe flitzt sie unbedacht zur Tür und öffnet dem schellenden Wesen.

"Oh, Hallo! Bin ich hier richtig? Ist der Marc da?",
fragt ein unbekannter und unverschämt gut aussehender Mann, so um die Dreißig.
Babette hat diesen menschlichen Augenschmeichler noch nie zuvor gesehen.
"Äh, nein, ... wieso?"
"Verflixt!", ärgert sich die Visagistin innerlich,
"Dieser heiße Typ ist über 1,80 m groß, sieht so aus, als hätte er Marcs Muckis geklaut und ich steh' hier blöderweise barfuß, mit meinen bescheidenen 1,60 m, wie ein kleines, verschüchtertes Mädchen im Türrahmen."

"Wir kennen uns. Ich wollte ihm kurz 'was sagen",
lässt der geheimnisvoll lächelnde Adonis durchblicken, während sein durchdringender Blick der Babette durch und durch geht!
Die so durcheinandergeblickte Babette zupft ihr Jäckchen zurecht:
"Er ist so gegen Sieben hier."

"Aha",
nickt der junge Mann, lässig mit den Händen in den rückwärtigen Taschen seiner recht engen, körperbetonten Jeans gestützt. Babette spürt, dass sie besser geistreiche Laute formen sollte,
wenn sie weiterhin im Anblick eines sportgestählten, wohlgeformten Herrengesäßes augenklimpernd verweilen möchte. Doch der Besitzer des starken Hinterteils macht keinerlei Anstalten, das Haus zu verlassen.

"Sie sind doch kein Mormone, oder?",
rutscht es Babette ungebremst heraus und sie wünscht sich schamgekniffen, sie könnte ihre Worte noch im Fluge aufhalten, bevor auch nur wenige Silben in die wohlgeformten Ohren des unbekannten Besuchers dringen können.

"Wie? Mormone? Seh' ich etwa so aus?",
lächelt der knackige Kerl, mit seinem, vom fragenden "Busenwunder" so wohlwollend in Augenschein genommenen, Hinterteil am Handlauf des Treppenhauses gelehnt. Er verschränkt seine Arme und betont damit seine starken Seiten.
Babettes Antwort darauf ist nonverbal - ein breites, zähneblitzendes Verlegenheitsgrinsen, wie man es von den englischen Comedy-Zeichentrickfiguren "Bob and Margaret" gut kennt. Wie kommt sie aus diesem Fettnapf wieder 'raus? Der tolle Typ hat eine Aura, von der sich die "kleine" Babette, wie magisch angezogen fühlt. Da ihr lachsfarben geschminkter Mund noch immer nicht zur geistreichen Kommunikation bereit ist, fällt der bewegte Blick des sexy stranger - oh Wunder - auf die üppigen "Argumente" des weiblichen 1,60 m-Stummfisches. Besäße das Treppenhaus eine Thermometer-Anzeige, würde diese rasch nach oben schnellen. In Gedanken ermahnt sich die Kauleisten-Gebleachte nun selbst:
"Schweig' ihn doch nicht so doof an, als wärst du unter wortscheuen Wilden aufgewachsen.
Zeig' dein Esprit.
Sag 'was!
Frag 'was!
Mach' 'was!"
Babette bricht also ihr Schweigen:
"Woher kennen Sie mich, äh ... (sie wird rot, aber so 'was von!), äh, ich meine den Marc?"
Babette glaubt wohl an die Liebe auf den ersten Blick? Der für Zahnpastareklame taugliche Treppenhausschönling antwortet mit einem strahlenden One-Million-Dollar-Werbelächeln:

"Aus dem neuen "Gym" in Deutz. Wir trainieren gemeinsam.
Schauen Sie doch 'mal vorbei."

Der warme Schmelz in seiner Stimme erinnert sie an Zartbitterschokolade mit verführerisch süßem Nougatkern. Zu süß und zu verboten für ihre lichtweiß frischgebleichten Beißerchen. Jetzt wirft der auf Antwort willig Wartende auch noch seinen Kopf so hundetreu zur Schulter. Babette fährt sich unbewußt mit der Hand ins Haar und wiegt ihre federnde Lockenpracht:
"Ach, ich weiß nicht. ...
Haben Sie auch einen Namen ...?"

Der Sportfreund schlägt sich an die Stirn:
"Wo hab' ich nur meine Manieren. Mein Name ist ..."

" ... Silas! Hast du meine Adresse gefunden, Kumpel?",
vollendet der ankommende Marc den unfertigen Satz des geschätzten Trainingspartners.
"Darf ich vorstellen? Der Bursche hier heißt Silas Ikonikus.
Silas, ... das ist Babette, meine Mitbewohnerin.
Komm' rein."

Die verdutzte Hair-Stylistin bleibt wie angewurzelt stehen. Ihre schlanken Finger gleiten spannungsentladen an ihrer Mähne herab. Was muss der liebe Marc denn auch so früh auftauchen?
Sie ist mit dem feschen Fremden doch gerade erst in Flirtlaune geraten ...
Na ja. Ernüchtert schließt sie die Wohnungstüre und unwissentlich auch ein Kapitel;
ein Kapitel namens Paul Goodway, denn Marc ruft ihr zu:
"Babette, ... hast du gehört?
Silas hat ihn gefragt. Paul ist einverstanden.
Silas zieht in unsere WG!
Was sagst du dazu?"

Babette wagt es sich in ihren kühnsten Träumen nicht auszumalen, aber in genau 3 Jahren steht sie froh vor dem Traualtar und wird fortan als Frau Ikonikus angesprochen werden.
In 3 kurzen Tagen schon, verabschiedet sich Paul von ihnen.


© PAOLO MIOLA, Remscheid


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